Warum sollte man sich überhaupt mit Lebenskunst und Selbstsorge auseinandersetzen? Einen Teil der Antwort findet sich in Epikurs „Brief an den Menoikus“:
Wer jung ist, soll nicht zögern, sich mit Philosophie zu beschäftigen, noch soll, wer schon ein Greis ist, in der Beschäftigung mit der Philosophie ermatten; denn niemand ist zu jung oder zu alt, für die Gesundheit seiner Seele zu sorgen.
Es geht also um die „Gesundheit der Seele“. Für Epikur war eine gesunde Seele untrennbar verbunden mit einem angstfreien Leben. Es gab damals wie heute vieles, was angst macht: Angst vor Armut, Krankheit, Tod, Göttern und Mitmenschen sind in der Moderne noch genauso vorhanden, wie in der Antike. Sie treten heute vielleicht in gewandelter Form auf, aber hinter dieser Oberfläche sind sie dieselben geblieben.
Nach Epikurs Ansicht reichte ein bescheidenes an der Vernunft orientiertes Leben aus, um glückselig zu werden. Auch wenn das von ihm zu knapp gedacht sein sollte, so hat ein gelingendes Leben in erster Linie mit Einstellungen und Haltungen zu tun, denn die Dinge werden so bleiben, wie sie sind. Wir haben selten die Kontrolle über sie (Regnet es?), Kontrolle haben wir aber in weit größerem Umfang über unsere Einstellungen zu den Dingen (Ärgere ich mich über den Regen?). Aber eine kluge und auch robuste Haltung zum Leben fällt nicht einfach vom Himmel, noch ist sie angeboren. Sie will erarbeitet werden, durchdacht und eingeübt sein.
Genau das ist Lebenskunst.