Lourdes

Auf dem Weg zum Mittelmeer entlang der Pyrenäen machten wir eine kurze Stippvisite in Lourdes. Der atheistische Anthropologe in mir war neugierig. 

Ein paar Kilometer vor der Stadt riss die Wolkendecke auf, die Sonne strahlte und in der Ferne ragten die schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen in den blauen Himmel. Fast schon ein Klischee. 

Lourdes selbst ist bei weitem nicht so anziehend, wie die schöne Landschaft drumherum suggeriert. Auf unserem kurzen Fußweg vom Parkplatz zur Grotte und Kathedrale bestand es nur aus in die Jahre gekommenen Hotels und Devotionalienshops.

Da ist natürlich mehr, wie die Festung, die die Stadt überragt und wohl auch ein Museum über die Pyrenäen. Aber auf unserer kurzen Stippvisite überwog der Eindruck, in einem Bahnhofsviertel unterwegs zu sein.

Leider ist die katholische Kirche von kleinen Hunden nicht so begeistert, so dass ich an der Porte Saint Michel wartete, während Daniela sich das Gelände rund um die Grotte anschaute. Der Mensch von der Security war so nett Frida und mich hineinzubitten, damit wir im Schatten warten konnten. 

Ich fand es sehr interessant, dem Treiben zuzuschauen. Die meisten Besucher sind sogar noch älter als ich und bevorzugt als wallfahrende Reisegruppe unterwegs. Dann gibt es einige wenige Gruppen junger Menschen, die meist ein Halstuch in derselben Farbe tragen; vermutlich Pfadfinder. Und natürlich die Menschen mit Gebrechen, die vielleicht heimlich auf ein Wunder hoffen. Die meisten werden in grünen Einheitsrollstühlen geschoben und zum Teil von Bannerträgern und Nonnen begleitet. Eine interessante Beobachtung am Rande: italienische Nonnen haben zwar alle dieselbe Ordenstracht, sind aber sehr individuell mit Ohrringen, Armbändern und Ringen geschmückt. Bei den französischen Nonnen, die eine Pfadfindergruppe begleiteten, fielen mir dagegen nur ihre gelben Warnwesten auf. 

Dass Bernadette Soubirous eine Marienerscheinung hatte, war wohl für die Zeit gar nicht so ungewöhnlich. Bei ihr fügte es sich aber dann so, dass ein Priester ihre Visionen überzeugend fand und der Bürgermeister darin eine Chance für den Tourismus sah. So war es eine Win- Win Situation für alle: die katholische Kirche hatte ein PR-Ereignis mit Breitenwirkung, die Stadt florierenden Tourismus und die durch ihr bisheriges Leben heftig gebeutelte Bernadette kam in die Sicherheit des Ordenslebens. 

Das wunderwirkende Quellwasser muss persönlich abgefüllt werden, die passenden Behälter gibt es vor Ort in den Devotionalienshops. Von Fläschchen für kleine Wunder bis Kanister für große Wunder. Eine der wenigen Sachen, die es bei Amazon nicht gibt.