Farbpoesie

Ich habe die Kombüse gestrichen. Unsere Küche ist so klein, dass wir sie nicht Küche nennen, sondern Kombüse. Daniela hatte die Idee, die Decke und das bisschen Wand, das kein Schrank oder Fenster ist, deutlich dunkler zu streichen.

Ursprünglich war die gesamte Wohnung in langweilig Weiß gestrichen. Aber schon bald bekam sie von uns Farbe. Zuletzt – als Corona-Projekt – Wohnzimmer und Galerie. Höchster Punkt in fünf Meter Höhe. Also stand ich zu Beginn der Pandemie zeitweise mit einer Farbrolle am Stiel auf einer Haushaltsleiter und streckte mich zur Decke, um Zartes Leuchten (Helles Lichtgelb) aufzutragen. Es passte gut zur Poesie der Stille (Würdevolles Hellgrau) im Flur.

Die Decke der Kombüse

Jetzt also die Kombüse. Hier kontrastiert jetzt Kunst der Linie (Expressives Graphitgrau) das Weiß der Schränke.

In meinem ersten Job schrieb ich eine dBase-Anwendung (dBase? Ja, es ist lange her) für einen Farbhersteller. Mit ihr wurden Farben katalogisiert und ich war damals begeistert davon, wie fantasievoll die Namen vieler Farben waren. Was gar nicht so überraschend ist, wenn man darüber nachdenkt. Zum Beispiel Grün: hellgrün, dunkelgrün, maigrün, olivgrün und noch ein paar andere Bezeichnungen, dann endet die Alltagssprache. Für die vielen Nuancen müssen die Begriffe erst erfunden werden. Das machen einige Hersteller wirklich gut. Die Namen treffen nicht nur genau, sondern sie haben auch eine gewisse Poesie. Helles Lichtgelb wirkt mit dem Zusatz Zartes Leuchten zwar etwas dick aufgetragen, aber es beschreibt sehr passend die Farbe und ihren Effekt.

Jetzt also Expressives Graphitgrau. Passt. Und wird unterstützt von einem neu verlegten LED-Streifen.


Freiluftschach

Seit ein paar Wochen sind die Schachfiguren wieder da. Ich sah sie das erste Mal mit einer Gruppe Spielern im letzten Jahrtausend. Dann war ich lange nicht da und dann waren die Schachfiguren nicht da.

Freiluftschach im Essener Stadpark

Jetzt sind sie wieder da. Nur zwei weiße Bauern haben vor der großen Schlacht rechtzeitig die Flucht ergriffen und sind nicht mehr auffindbar. Damit spielt Schwarz jetzt in Überzahl. Wenn denn Schachspieler da wären. Aber die habe ich seit damals nicht mehr gesehen.


Frida und die Eichhörnchen

Frida hat eine ganz besondere Beziehung zu den Eichhörnchen, die gelegentlich unseren Balkon besuchen. Sie klebt dann an der Scheibe der Balkontür, macht seltsame Geräusche und will unbedingt raus, um den Besucher persönlich zu begrüßen.

Heute waren nacheinander zwei besonders entspannte Exemplare zu Gast, die sich von dem Hund hinter der Scheibe nicht im Mindesten irritieren ließen und sich in Ruhe die Gegend anschauten. Wir beruhigten sie immer wieder mit Sätzen wie „Das ist doch nur ein Eichhörnchen, das tut doch gar nichts“ und nachdem es verschwunden war und Frida immer noch aufgeregt war, mit Sätzen wie „Da ist doch gar kein Eichhörnchen mehr“.

Die Überraschung kam dann am Abend: Daniela erwähnte im Gespräch noch mal die Szene mit dem Eichhörnchen. Kaum hörte Frida das Wort, schon rannte sie zur Balkontür.

Später sauste sie sogar eine Treppe herunter, die sie noch nie runterlaufen wollte, als sie das Wort hörte.

Ich finde es bemerkenswert, wie es ihr gelungen ist, ein einzelnes Wort aus dem ganzen Redeschwall, mit dem wir sie normalerweise zutexten, zu isolieren und mit Bedeutung zu versehen. Ein Musterbeispiel für die Wichtigkeit von intrinsischer Motivation beim Lernen.

Jetzt muss es uns nur noch gelingen, so etwas auf andere Worte und Bedeutungen zu übertragen. Beispielsweise auf „bei Fuß“.

Am besten verkleide ich mich als Eichhörnchen.

Frida

Hätten wir in aller Ruhe und unter Berücksichtigung aller Eventualitäten darüber nachgedacht, ob wir wirklich einen Hund in unserem Leben haben wollen, wäre Frida heute vermutlich nicht bei uns.

Ist sie aber. Und das ist schön.

Frida im Strandkorb

Ein Stapel von Zufällen führte letztendlich dazu, dass Frida uns erst zwei Wochen lang tagsüber besuchte, dann waren waren wir zwei Wochen in Frankreich (hätte jeden Welpen überfordert) und vor vier Wochen dann ist sie endgültig bei uns eingezogen.

Es ist erstaunlich, wie schnell so ein kleines Wesen beginnt seinen Menschen zu vertrauen (wir sind aber auch wirklich nett): tapste sie die ersten Nächte noch häufiger unruhig im Dunkeln um unser Bett, so entspannt ist sie inzwischen (von geräuschvollen Umdrehen, Recken und Strecken mal abgesehen) nachts und man bekommt sie morgens kaum dazu mal kurz Gassi zu gehen. Gut, 6:30 ist ja auch wirklich früh, aber so eine Welpenblase ist ja auch nur begrenzt belastbar. Als vorausschauender Mensch sieht man ja das mögliche Desaster schon am Horizont und ist mehr oder weniger gerne dafür bereit früher aufzustehen. Und am Wochenende danach wieder ins Bett zurück zu kehren.

Gassi gehen ist übrigens etwas, was manchmal ganz toll läuft (vergnügter Hund trippelt voran) oder in eine Kurzmeditation ausartet (Hund setzt sich hin und bewundert die Welt oder Hund erschnüffelt sich Zentimeter für Zentimeter die Umgebung). Aber andererseits klappt das, worum es beim Gassi gehen eigentlich geht, wie am Schnürchen.

In den vier Wochen bei uns hat sie jede Menge Neues erlebt und es als neue Normalität akzeptiert. Heute fuhr sie zum dritten Mal vorne im Korb mit uns Fahrrad und fand das richtig gut. Sie fährt mit uns ganz relaxed Auto, lernt viele neue Hunde kennen und findet es ganz OK im Cafe unter dem Tisch zu dösen. Wir sind jetzt zu dritt.

Und zwischendurch stellt sie die Wohnung auf den Kopf…

Frida und das Gummihuhn

Verbrennungsmaschinen

So, jetzt ist er da, mein neuer Führerschein. Zeit, noch einen letzten Blick auf das alte Pappding zu werfen, das mich Jahrzehnte (!) begleitet hat und inzwischen auch so aussieht .

Zwei Dinge fielen mir zum Abschied auf:

Das Foto. Es ist vollkommen unbiometrisch; das Halbprofil war damals Vorschrift, damit ein leibhaftiger Mensch die Ähnlichkeit zwischen Foto und realer Person besser beurteilen konnte. Das heutige geradeaus Glotzen ist dagegen nur für Maschinen. Aber das Lächeln war schon damals unerwünscht.

Die Verbrennungsmaschine. Offenkundig konnte sich damals niemand vorstellen, dass ein Auto anders als durch eine Verbrennungsmaschine angetrieben werden könnte. Also hätte ich mit dieser Erlaubnis wörtlich genommen zwar eine Dampfmaschine, aber keinen Elektromotor als Antrieb benutzen dürfen.

Schlappentausch

Vor etwa 20 Jahren überredete mich Daniela ein paar dieser seltsamen, menorquinischen Schlappen zu kaufen. Ich misstraute der Konstruktion (wie kann der Schuh nur mit so einem einzelnen Riemen verlässlich am Fuß gehalten werden?), gab ihr aber eine Chance.

Zwei Paar Menorca-Schlappen, eins alt, eins neu
Zwei Generationen Schlappen

Aber sie funktionierte hervorragend (wenn der Riemen stabil hoch genug steht! ) und so sind die Menorca-Schlappen meine bevorzugten Sommerschuhe geworden.

Dementsprechend ist leider auch der Verschleiß. Alle paar Jahre ist die Sohle durch. Dann geht es mir wie Denis Diderot mit seinem Hausrock, dem er eine kleine Schrift widmete. Obwohl verschlissen und voller Tintenflecken an den Ärmeln war er so sehr Teil von ihm geworden, daß ein Ersatz nicht in Frage kam. Und er fand viele Gründe dafür.

Ganz so eng ist meine Beziehung zu den Schlappen nicht. Aber beim Übergang von Alt auf Neu fällt mir auf, wie perfekt sich Fuß und Schuh aufeinander eingestellt haben. Das ist nicht nur bequemer Sitz, den haben auch schon die neuen Schlappen, sondern eine unaufdringliche Selbstverständlichkeit von etwas, das beinahe Teil von mir selbst ist.

Aber wie es so ist, tempus fugit


Bäume weg

Erst fiel der eine durch eine Orkanböe um und sein Kumpel lehnte sich zur Unterstützung an die Eiche, dann hingen sie etwas rum und heute kamen zu guter Letzt die Spezialisten mit großem Gerät.

Jetzt sind sie weg. Ging erstaunlich schnell. Wir haben jetzt zwar mehr Wintersonne auf dem Balkon, aber dank dem Kettensägenmassaker der Stadt an den Büschen leider auch weniger Sichtschutz.

Nachtrag 1.3.

Der Hinweis eines Kollegen klärte die Hintergründe des Kettensägenmassaker auf: die Kommune hat nicht genug Geld für einen saisonalen Rückschnitt. Also wird einfach alle paar Jahre alles abgehakt. Nachvollziehbar. Trotzdem doof.


Baum liegt rum

Vor ein paar Stunden ist er umgekippt, jetzt liegt er rum.

Das sieht jetzt zwar aus wie eine Hecke, ist aber tatsächlich ein langer dünner Baum in stabiler Seitenlage mit ganz viel Efeu. Sein Kollege rechts im Bild kuschelt immer noch mit der Eiche.

Leider gab es einen kleinen Kollateralschaden: von unserem Sonnenfänger, der schon über unsere Balkonbrüstung leuchtete als Sonnenfänger hier noch ganz unbekannt waren, wurde von einem dicken Ast erschlagen.

Wirklich schade…