Wir sind schon wieder an der Ostsee. Die Mischung aus Reise, Homeoffice und Urlaub hat uns genauso gut gefallen, wie die Ostsee.
Diesmal sind wir eine Woche in Heiligenhafen. Da waren wir beim letzten Mal nur kurz und wir sind neugierig darauf, einen anderen Teil der Küste kennenzulernen.
BinnenseeOstseeNoch mehr Ostsee
Bei unserer Ankunft empfing uns perfektes Frühlingswetter. Sonne und blauer Himmel. Das wird vermutlich nicht so bleiben, aber wir haben es erst einmal genossen.
Ich habe die Kombüse gestrichen. Unsere Küche ist so klein, dass wir sie nicht Küche nennen, sondern Kombüse. Daniela hatte die Idee, die Decke und das bisschen Wand, das kein Schrank oder Fenster ist, deutlich dunkler zu streichen.
Ursprünglich war die gesamte Wohnung in langweilig Weiß gestrichen. Aber schon bald bekam sie von uns Farbe. Zuletzt – als Corona-Projekt – Wohnzimmer und Galerie. Höchster Punkt in fünf Meter Höhe. Also stand ich zu Beginn der Pandemie zeitweise mit einer Farbrolle am Stiel auf einer Haushaltsleiter und streckte mich zur Decke, um Zartes Leuchten (Helles Lichtgelb) aufzutragen. Es passte gut zur Poesie der Stille (Würdevolles Hellgrau) im Flur.
Die Decke der Kombüse
Jetzt also die Kombüse. Hier kontrastiert jetzt Kunst der Linie (Expressives Graphitgrau) das Weiß der Schränke.
In meinem ersten Job schrieb ich eine dBase-Anwendung (dBase? Ja, es ist lange her) für einen Farbhersteller. Mit ihr wurden Farben katalogisiert und ich war damals begeistert davon, wie fantasievoll die Namen vieler Farben waren. Was gar nicht so überraschend ist, wenn man darüber nachdenkt. Zum Beispiel Grün: hellgrün, dunkelgrün, maigrün, olivgrün und noch ein paar andere Bezeichnungen, dann endet die Alltagssprache. Für die vielen Nuancen müssen die Begriffe erst erfunden werden. Das machen einige Hersteller wirklich gut. Die Namen treffen nicht nur genau, sondern sie haben auch eine gewisse Poesie. Helles Lichtgelb wirkt mit dem Zusatz Zartes Leuchten zwar etwas dick aufgetragen, aber es beschreibt sehr passend die Farbe und ihren Effekt.
Jetzt also Expressives Graphitgrau. Passt. Und wird unterstützt von einem neu verlegten LED-Streifen.
Seit ein paar Wochen sind die Schachfiguren wieder da. Ich sah sie das erste Mal mit einer Gruppe Spielern im letzten Jahrtausend. Dann war ich lange nicht da und dann waren die Schachfiguren nicht da.
Freiluftschach im Essener Stadpark
Jetzt sind sie wieder da. Nur zwei weiße Bauern haben vor der großen Schlacht rechtzeitig die Flucht ergriffen und sind nicht mehr auffindbar. Damit spielt Schwarz jetzt in Überzahl. Wenn denn Schachspieler da wären. Aber die habe ich seit damals nicht mehr gesehen.
Meine Vorstellung von Meer ist geprägt von Nordsee, Atlantik und Mittelmeer. Also viel Wasser mit Wellen. Zu unruhig für majestätisch dahin paddelnde Schwäne.
Schwan auf der Ostsee
Mangels Wellen fühlen sich die Schwäne offensichtlich auf der Ostsee sehr wohl. Das bringt mein Konzept von Meer völlig durcheinander.
Streichhölzer gegen Trauermücken
Um mindestens eine unserer Topfpflanzen schwirren auch dieses Jahr kleine, lästige Fliegen. Eine schnelle Recherche ergab, dass das gar keine Fliegen sind, sondern Trauermücken. Die stechen nicht. Aber sie nerven. Ein simpler Trick aus diversen Quellen im Internet half: Streichhölzer mit dem Kopf zuerst in die Blumenerde stecken. Der Schwefel darin macht den Plagegeistern den Garaus.
Für die Pflanze ist der Schwefel wiederum gut gemäß dem alten Merksatz C O H N S Pferd Mag CalK, der die notwendigen Elemente für Pflanzen beinhaltet. Und obwohl meine Chemie-Vorlesungen ewig her sind, konnte ich mich daran erinnern. Da habe ich wohl damals doch was gelernt.
Ich war seit längerer Zeit auf der Suche nach einem neuen Theme für das Blog. Es sollte vor Allem schlicht sein. Inzwischen habe ich einige ausprobiert und dabei gemerkt, dass die neuen Blockthemes nichts für mich sind. Ich hatte da immer den Eindruck, dass mir jemand ein paar Legosteine in die Hand drückt und ich mir selbst was daraus zusammen basteln soll. Fühlte sich mühsam an, wie Wattwandern. Es ist zwar die Richtung, in die WordPress geht und sie gefällt mir nicht, aber auf absehbare Zeit bleiben die klassischen Themes noch. Also habe ich dort weiter gesucht und Noto Simple gefunden. War ziemlich genau das, was ich mir vorstellte: klassisch, schön, schlicht und GPLv2. Also habe ich es geforkt und noch schlichter gemacht. Als Erstes wurde der Font ausgetauscht. Googles Noto flog raus und wurde durch Atkinson Hyperlegible vom Braille Institute ersetzt. Ein Font, der besonderen Wert auf Lesbarkeit legt. Hier ein Beispiel: 1lLi. So sieht das wirklich wie vier verschiedene Zeichen aus; bei einigen Schriftarten werden daraus vier nahezu identische Striche. Das ist doof (beim Entziffern eines Passworts übrigens besonders doof). Dann schraubte ich etwas am Layout und zum Schluss wurde es mit den WAVE Web Accessibility Evaluation Tools auf Lesbarkeit geprüft. Jetzt habe ich ein schlankes Theme, das meinen Vorstellungen entspricht und an dem ich in Zukunft sicher noch herumbasteln werde. Aber für jetzt ist erst einmal genug.
Falls sich jemand dafür interessiert: die Quellen liegen auf Codeberg
Frida hat eine ganz besondere Beziehung zu den Eichhörnchen, die gelegentlich unseren Balkon besuchen. Sie klebt dann an der Scheibe der Balkontür, macht seltsame Geräusche und will unbedingt raus, um den Besucher persönlich zu begrüßen.
Heute waren nacheinander zwei besonders entspannte Exemplare zu Gast, die sich von dem Hund hinter der Scheibe nicht im Mindesten irritieren ließen und sich in Ruhe die Gegend anschauten. Wir beruhigten sie immer wieder mit Sätzen wie „Das ist doch nur ein Eichhörnchen, das tut doch gar nichts“ und nachdem es verschwunden war und Frida immer noch aufgeregt war, mit Sätzen wie „Da ist doch gar kein Eichhörnchen mehr“.
Die Überraschung kam dann am Abend: Daniela erwähnte im Gespräch noch mal die Szene mit dem Eichhörnchen. Kaum hörte Frida das Wort, schon rannte sie zur Balkontür.
Später sauste sie sogar eine Treppe herunter, die sie noch nie runterlaufen wollte, als sie das Wort hörte.
Ich finde es bemerkenswert, wie es ihr gelungen ist, ein einzelnes Wort aus dem ganzen Redeschwall, mit dem wir sie normalerweise zutexten, zu isolieren und mit Bedeutung zu versehen. Ein Musterbeispiel für die Wichtigkeit von intrinsischer Motivation beim Lernen.
Jetzt muss es uns nur noch gelingen, so etwas auf andere Worte und Bedeutungen zu übertragen. Beispielsweise auf „bei Fuß“.
Wir sind auf dem Weg nach Hause. Morgens haben wir noch in aller Ruhe mit Blick auf die Lübecker Bucht gefrühstückt. Um Zehn mussten wir dann los und die Schlüssel in Scharbeutz abgeben. Da wir ohnehin schon in der Gegend waren, ging es dann weiter nach Haffkrug. Frida wollte noch mal an den Strand und fand ihn dort auch ganz prima.
Frida und das Meer (Caspar David Friedrich lässt grüßen)
Und danach noch eine letzte Station vor der Heimfahrt: Neustadt in Holstein.
Am BinnenwasserBrauhausPagodenspeicher
Es war sonntäglich ruhig, am Hafen gab es den Pagodenspeicher, in dem früher Pagoden gespeichert Getreide vor dem Verschiffen getrocknet wurde, und ein Brauhaus. Brauhäuser sind übrigens sehr nachhaltig: das Bier, das man trinkt, wird nur ein paar Meter entfernt gebraut. Da macht Bier trinken gleich noch mehr Spaß.
Und kaum hatten wir uns aus Neustadt verabschiedet, verschwand der letzte Sonnenstrahl und Nieselregen setzte ein. Glück gehabt.
Es gibt noch einiges mehr über Travemünde zu berichten.
Leuchttürme
In Travemünde steht der älteste Leuchtturm Deutschlands. Er wurde 1539 gebaut und 1827 nach einem Blitzschlag im klassizistischen Stil wieder errichtet.
Alter und neuer Leuchtturm
Seit den Siebziger Jahren verdeckt ihm das Maritim-Hochhaus den freien Blick auf die Ostsee und er wurde außer Dienst gestellt. Dafür übernahm das Hochhaus seine Aufgabe als Leuchtfeuer. Es ist Europas höchster Leuchtturm. Und vermutlich weltweit der Leuchtturm mit den meisten Bewohnern. Wäre die Welt ein Kinderbuch, würden in dem Hochhaus ausschließlich Leuchtturmwärter wohnen.
Ein Bahnhof mit nur einem Ziel
Dem Strandbahnhof von Travemünde ist es auf die Fassade geschrieben, wohin von dort aus der nächste Zug fährt.
Strandbahnhof
So ganz stimmt das nicht; es gibt auch eine direkte Verbindung nach Hamburg.
Künstler
Travemünde war als Seebad schon vor über 100 Jahren sehr beliebt. Daher kam auch der ein oder andere Künstler hier her. Dostojewski, Mann und Munch, aber auch Kafka. Er notierte über seinen Aufenthalt
Fahrt nach Travemünde. Bad — Familienbad. Anblick des Strandes. Nachmittag im Sand. Durch die nackten Füße als unanständig aufgefallen. Neben mir der scheinbare Amerikaner. Statt zu Mittag zu essen, an allen Pensionen und Restaurationen vorübergegangen. In der Allee vor dem Kurhaus gesessen und der Tafelmusik zugehört
Franz Kafka – Tagebücher
Waren die Menschen im Juli 1914 wirklich so prüde, dass die nackten Füße eines Mannes als unanständig galten?