Lyrik im Rombergpark

Mit Hund ist man bekanntlich häufig an der frischen Luft und ein besonders schöner Ort um an der frischen Luft zu sein ist der Rombergpark in Dortmund. Das Wetter war einladend und so sind wir nach dem Frühstück aufgebrochen.

Frida war begeistert; ganz viele neue, spannende Wege. Am liebsten hätte sie noch Eichhörnchen und Enten gejagt. Durfte sie nicht, aber der Rest war dann immer noch so aufregend für Frida, dass sie den Rückweg im Auto verschlief.

Auf dem Weg durch den herbstlichen Park trafen wir immer wieder auf Transparente, auf die Gedichte aufgedruckt waren. Es war klug ausgewählte Poesie, die vom Herbst erzählt und eine Beziehung zum Park aufbaute. Ich bin nicht sonderlich Lyrik-affin, aber diese Mischung aus Landschaft, Jahreszeit und Poesie mag ich sehr.

Die Wege im Park machen immer wieder überraschende Wendungen und eröffnen neue Ausblicke. Die Lyrik im Park hatte für mich den gleichen Effekt. Ein Beispiel: „es – immer wieder gelingt es“ ist von Eugen Gomringer, der als der Begründer der konkreten Poesie gilt. Konkrete Kunst kenne ich, konkrete Poesie nicht. Ich bin neugierig.

Dann gab es noch Kaffee und Kuchen – draussen! – im Café Orchidee und etwas Kunst von Bernd Moenikes, die wir sehr mögen.

Parkbesuche sind was Feines.


Formale und substanzielle Freiheit

In Anfänge von David Graeber und David Wengrow bin ich auf zwei Aspekte des Begriffs Freiheit gestoßen, die viel von nicht nur meinem Unbehagen an unserer Gesellschaftsordnung erklären.
Auf der einen Seite ist da die formale Freiheit, unser durch das Grundgesetz garantierte Inbegriff der Freiheit. So haben wir zum Beispiel die Freiheit, jederzeit zu reisen, wohin wir wollen.
Dem gegenüber fragt die substanzielle Freiheit danach, was sich tatsächlich umsetzen lässt. So erlaubte erst das 9-Euro-Ticket vielen Menschen wenigstens in benachbarte Städte oder mit etwas Geduld in andere Bundesländer zu reisen. Genau das ist das Problem: erst mit zunehmendem Reichtum habe ich auch die Möglichkeit, die formale Freiheit auszukosten. Ohne Geld bleibt die formale Freiheit bedeutungslos.
Genau das ist das Missverständnis bei der Freiheit in den westlichen Ländern: garantiert wird formale Freiheit, erwartet aber substanzielle Freiheit. Die Enttäuschung und Frustration kann überall beobachtet werden.


Frida

Hätten wir in aller Ruhe und unter Berücksichtigung aller Eventualitäten darüber nachgedacht, ob wir wirklich einen Hund in unserem Leben haben wollen, wäre Frida heute vermutlich nicht bei uns.

Ist sie aber. Und das ist schön.

Frida im Strandkorb

Ein Stapel von Zufällen führte letztendlich dazu, dass Frida uns erst zwei Wochen lang tagsüber besuchte, dann waren waren wir zwei Wochen in Frankreich (hätte jeden Welpen überfordert) und vor vier Wochen dann ist sie endgültig bei uns eingezogen.

Es ist erstaunlich, wie schnell so ein kleines Wesen beginnt seinen Menschen zu vertrauen (wir sind aber auch wirklich nett): tapste sie die ersten Nächte noch häufiger unruhig im Dunkeln um unser Bett, so entspannt ist sie inzwischen (von geräuschvollen Umdrehen, Recken und Strecken mal abgesehen) nachts und man bekommt sie morgens kaum dazu mal kurz Gassi zu gehen. Gut, 6:30 ist ja auch wirklich früh, aber so eine Welpenblase ist ja auch nur begrenzt belastbar. Als vorausschauender Mensch sieht man ja das mögliche Desaster schon am Horizont und ist mehr oder weniger gerne dafür bereit früher aufzustehen. Und am Wochenende danach wieder ins Bett zurück zu kehren.

Gassi gehen ist übrigens etwas, was manchmal ganz toll läuft (vergnügter Hund trippelt voran) oder in eine Kurzmeditation ausartet (Hund setzt sich hin und bewundert die Welt oder Hund erschnüffelt sich Zentimeter für Zentimeter die Umgebung). Aber andererseits klappt das, worum es beim Gassi gehen eigentlich geht, wie am Schnürchen.

In den vier Wochen bei uns hat sie jede Menge Neues erlebt und es als neue Normalität akzeptiert. Heute fuhr sie zum dritten Mal vorne im Korb mit uns Fahrrad und fand das richtig gut. Sie fährt mit uns ganz relaxed Auto, lernt viele neue Hunde kennen und findet es ganz OK im Cafe unter dem Tisch zu dösen. Wir sind jetzt zu dritt.

Und zwischendurch stellt sie die Wohnung auf den Kopf…

Frida und das Gummihuhn

Eine Brücke zu Tor

Nachdem in den letzten Tagen viele Erwähnungen von Snowflake durch meine Timeline purzelten, habe ich mich endlich einmal genauer mit dem Thema befasst. Es geht darum, Menschen im Iran – und natürlich auch Russland, China usw. – einen sicheren Zugang zum Internet zu geben, der nicht überwacht, zensiert oder eingeschränkt ist. Dafür gibt es bekanntlich das Tor-Netzwerk.

Mit Snowflake erschaffen Freiwillige zusätzliche Zugangspunkte zum Tor-Netzwerk und unterminieren so die Bemühungen der Zensoren alle IPs zu sperren, die einen Zugang zu Tor bieten. Es arbeitet als Browser-Plugin und ist durch die ständig wechselnden IPs der privaten Anschlüsse nicht in den Griff zu bekommen.

Das ist schon ganz prima, aber ich hatte da noch einen Server, der nicht so recht ausgelastet ist. Auch dort könnte man Snowflake installieren, aber empfohlen wird für Server die Einrichtung einer obfs4 Bridge, das auch deutlich besser konfigurierbar ist.

Das ist mit Ubuntu trivial, die Anleitung gibt es hier. Eigentlich nur ein apt Aufruf und die Anpassung der Konfiguration /etc/tor/torrc.

Also erst einmal

apt install tor obfs4proxy

und dann die /etc/tor/torrc anpassen. Das sind effektiv nur sechs Zeilen.

Ich habe die knappe Beispielkonfiguration noch um zwei Dinge ergänzt.

  • Normalerweise werden alle Meldungen in das syslog geschrieben. Das fand ich unübersichtlich und habe es in eine andere Logdatei umgeleitet
  • Ich habe Netzwerkdurchsatz auf 500GB pro Woche beschränkt. Die Brücke ist ja nicht alleine auf der Maschine und sollte dem Rest nicht zu viele Resourcen

Zum Schluss tor starten. Ein Blick in das Log zeigt, dass der Start erfolgreich war

Oct 02 11:02:04.000 [notice] Bootstrapped 15% (handshake_done): Handshake with a relay done
Oct 02 11:02:04.000 [notice] Bootstrapped 75% (enough_dirinfo): Loaded enough directory info to build circuits
Oct 02 11:02:04.000 [notice] Bootstrapped 90% (ap_handshake_done): Handshake finished with a relay to build circuits
Oct 02 11:02:04.000 [notice] Bootstrapped 95% (circuit_create): Establishing a Tor circuit
Oct 02 11:02:07.000 [notice] Bootstrapped 100% (done): Done
Oct 02 11:02:07.000 [notice] Now checking whether IPv4 ORPort XXX.XXX.XXX.XXX:YYYYY is reachable... (this may take up to 20 minutes -- look for log messages indicating success)
Oct 02 11:02:07.000 [notice] Now checking whether IPv6 ORPort [XXXX:XXX:XXX:XXXX::X]:YYYYY is reachable... (this may take up to 20 minutes -- look for log messages indicating success)
Oct 02 11:02:09.000 [notice] Self-testing indicates your ORPort  XXX.XXX.XXX.XXX:YYYYY is reachable from the outside. Excellent.
Oct 02 11:02:09.000 [notice] Self-testing indicates your ORPort [XXXX:XXX:XXX:XXXX::X]:YYYYY is reachable from the outside. Excellent. Publishing server descriptor.
Oct 02 11:02:11.000 [notice] Performing bandwidth self-test...done.

Alle sechs Stunden kommt dann eine Meldung über die Nutzung des Dienstes

Oct 02 17:02:04.000 [notice] Heartbeat: Tor's uptime is 6:00 hours, with 56 circuits open. I've sent 2.21 GB and received 2.23 GB. I've received 229 connections on IPv4 and 22 on IPv6. I've made 1851 connections with IPv4 and 500 with IPv6.
Oct 02 17:02:04.000 [notice] While not bootstrapping, fetched this many bytes: 13666060 (server descriptor fetch); 353 (server descriptor upload); 809017 (consensus network-status fetch); 82233 (microdescriptor fetch)
Oct 02 17:02:04.000 [notice] Heartbeat: In the last 6 hours, I have seen 59 unique clients.

Die Maschine, auf der meine Tor-Bridge läuft, ist jetzt ein Eingangsknoten oder sie hilft als Zwischenstation den Traffic zu anonymisieren. Aber sie ist kein Exit-Node, also ein Knoten von dem aus der Traffic wieder ins normale Internet gelangt. Denn das wäre mir zu gefährlich: Tor wird ja auch gelegentlich für Sachen benutzt, die nichts mit politischen Freiheiten oder Angst vor Verfolgung zu tun haben. Beispielsweise Urheberrechtsverletzungen, die hierzulande gerne mit der dicken Keule verfolgt werden. Das ist dann doch eher etwas für Profis.


Zwei Wochen Languedoc

Gleich kommen wir auf der Rückfahrt an Metz vorbei, hier sieht schon alles aus wie zu Hause. Keine Spur mehr von mediterraner Landschaft. Aber es bleiben schöne Erinnerungen.

Wir haben in Usclas-d’Hérault gewohnt, waren in Béziers, Séte, Sérignan und einigen anderen schönen Orten.

Wir haben lecker gegessen, nicht nur Austern, sondern auch Petit pâté de Pézenas, Brandarde und Tielle setoise.

Wir waren am Strand, haben Wetterleuchten gesehen und uns von viel zu vielen Mücken stechen lassen.

Und ich habe tatsächlich ein wenig gezeichnet.

Schade, dass es schon zu Ende ist. Aber dafür haben wir im Kofferraum ein paar Flaschen Wein. Genug für etwa ein Jahr. Auch nett.


Sérignan kann auch Graffiti

Wir waren noch einmal unterwegs zur Küste und haben einen kleinen Zwischenstopp in Sérignan. Schon auf den ersten Metern in der Altstadt an einem kleinen Platz die erste Wandmalerei. Daniela fotografierte sie gerade, als eine alte Frau sie darauf hinwies, dass auf dem nächsten Platz – etwas versteckt um die Ecke – noch ein großes Bild ist. Jede Menge Hühner.

Und dann noch ein Beinahe-Banksy… von dem ein Herz heruntergefallen ist.

Das waren jetzt nicht so viel Street Art wie in Séte, aber Sérignan ist ja auch viel kleiner.

Nachtrag 26.9.: Daniela hat den Beinahe-Banksy gefunden. Er heißt Sunra.


Sète, Rue de Tunis

Sète ist so etwas wie eine riesige Galerie für Graffiti. Daneben ist es natürlich auch noch eine lebendige südfranzösische Hafenstadt mit beliebten Märkten auf pittoresken Plätzen unter schattenspendenden Platanen.

Das Graffiti Kunst sein kann, hat die Stadt schon vor Jahren entdeckt und z. B. eine Entdeckungstour durch die Altstadt markiert. Die fanden wir schon bei unserem ersten Besuch vor vier Jahren toll.

Diesmal sah Daniela durch Zufall ein Blumengraffiti in einer Seitenstraße. Bei einem Blick um die Ecke zeigten sich noch viel mehr Wandbilder in den unterschiedlichsten Stilen. Die Bilder hier sind nur ein kleiner Ausschnitt.

Wer es sich die Street Art vor Ort anschauen will: es ist die Rue de Tunis.