Emscherquellhof mit dem Fahrrad

Vor zehn Jahren schrieb ich über den Emscherquellhof, dass es besonders in Hinblick auf die Radwanderer schade ist, dass er so extrem selten geöffnet hat. Das hat sich inzwischen geändert, denn mindestens an Sonntagen hat er seine Pforten geöffnet und man bekommt sogar ein Bierchen.

Die Emschergenossenschaft hat dort eine richtige Idylle entstehen lassen, in der sich besonders Insekten wie Schmetterlinge und Bienen wohl fühlen. Passend dazu beherbergen die seltsamen kubischen Gebilde einige Insektenhotels.

Daneben führt ein gepflasterter Pfad eigenartig verschlungen durch einen Wald von Schilf. Es dauerte einen Moment bis ich realisierte, dass er den Weg der Emscher von der Quelle bis zur Mündung nachbildet.

Und überhaupt sollte es nicht Ruhrgebiet, sondern Emschergebiet heißen, denn die Emscher verkörpert die Entwicklung dieser Landschaft perfekt. Erst ein kleines Flüsschen in grüner Landschaft, dann für Jahrzehnte die einbetonierte Kloake für die Kohle- und Stahlarbeiter. Und heute entsteht mit enormen Aufwand ein immer weiter renaturierter Fluss und ein unterirdische Abwassersystem. Zum Teil in neuem Bett, denn die Landschaft ist in Teilen durch den Bergbau erheblich abgesackt. Die Fehler der Vergangenheit können also (manchmal) wieder gut gemacht werden. Das hat seinen Preis, aber der lohnt sich.

Subtile Ironie am Rande : Die Emscher entspringt nicht am Emscherquellhof, sondern ein paar Hundert Meter entfernt in einem Wald. Das war nur ein Fehler im Urkataster. Aber schön ist der Hof trotzdem. Und wer mit dem Fahrrad in der Gegend unterwegs ist, sollte ihn sich ansehen.


Die Lippeaue in Stockum

Das Wetter schien uns zu unbeständig für eine Radtour. Aber raus wollten wir trotzdem. Deswegen machten wir uns spontan auf die Socken und probierten eine weitere Wandertour aus dem Werne-Repertoire aus: W5. Der Weg führt zunächst durch die Lippeauen in der Nähe von Stockum (es gibt jede Menge Stockums, das hier liegt zwischen Werne und Hamm), dann über Wirtschaftswege durch freie Landschaft mit schönen Aussichten und zum Schluss streift er noch den Ort.

Idylle, Naturschutzgebiet und Industrie wechseln sich auf der Strecke ab. Durchschnitten wird sie von der A1, die je nach Topografie die Gegend bedröhnt oder völlig unhörbar ist. Am Horizont taucht immer wieder das Gersteinwerk auf, das durchaus seinen eigenen Industriecharme hat und von mehreren Routen der Industriekultur berührt wird. Ist halt Teil des Ruhrgebiets. Aber die Wildblumen an den Feldern auch. Und das ist schön.


Gelernt Juni 2021

Reetdächer

Reetdächer sind etwa 40 cm dick und folgen ihren eigenen Gestaltungsgrundsätzen. Daher haben sie auch selten Fenster im Dachstuhl. Das führt dann schnell dazu, dass es unter dem Dach im Sommer warm und miefig wird. Also Vorsicht, wenn die Betten bei einer Ferienwohnung unter Reet im ersten Stock liegen.

Scharfer Mauerpfeffer

Das ist ein scharfer Mauerpfeffer.

Scharfer Mauerpfeffer

Eine gelb-grün leuchtende Pionierpflanze, die sich in Ording an den Deich klammerte. Und in einem Fish & Chips-Laden in der Nähe den Tisch dekorierte.

Pendenzenliste

Als ich heute durch das Internet flanierte, stolperte ich über die Pendenzenliste. In meinem Kopf entstanden sofort Assoziationen zu Pennälern und Oberstudienräten um 1900. Tatsächlich ist eine Pendenz einfach eine unerledigte Sache. Damit ist die Pendenzenliste das, was der moderne Mensch eine To-do-Liste nennt.

Ich höre mich schon sagen: „Diese Pendenz werde ich gerne auf meine Liste setzen.“ Und danach nehme ich dann meinen Monokel ab.


Monopteros (gezeichnet)

Vor über 15 Jahren habe ich hier geschrieben, was ein Monopteros ist und es mit einem Foto von „unserem“ Monopteros illustriert. Natürlich ist es nicht wirklich unseres, aber es liegt keine 100 Meter von unserer Wohnung entfernt im Kurpark. Da schleicht sich dann schon ein imaginierter Besitzerstolz ein. Aber nein, es gehört natürlich allen.

Und die ganze Zeit bin ich nie dazu gekommen wenigstens mal eine kleine Skizze zu machen.

Bis heute…

Monopteros

Zur schönen Freiheit

Nach einem knappen halben Jahr habe ich heute mein Homeoffice-Dachstübchen verlassen und bin an meinen regulären Arbeitsplatz in Essen gependelt. Eine zu leistende Unterschrift und die Klimaanlage vor Ort waren gute Gründe sich raus zu wagen.

Auf dem Platz hinter dem Bahnhof erwartete mich überraschend eine künstlerische Intervention: »Zur schönen Freiheit« – Der Kurort über der A 40

Um die Ironie in der Installation angemessen zu würdigen muss man wissen, dass der Platz Freiheit heißt und unter ihm die A40 herläuft. Also der perfekte Ort für einen Luftkurort.

Ich fand es prima so begrüßt zu werden. Und an der nächsten Ampel klebte auch gleich das passende Motto


Nachlese St. Peter Ording

Nach vielen Reisen gibt es da noch ein paar Dinge, die ich verbloggen möchte. Sie haben gerne das Wort Nachlese im Titel.

Als erstes der Umgang mit Corona. Vorbildlich. Vor der Anreise ist ein Testzertifikat notwendig und dann alle drei Tage. Überall, wo im Außenbereich ein paar Menschen mehr zusammenkommen, herrscht Maskenpflicht. Damit passt es es auch für Menschen wie uns, die sich gerne impfen lassen würden, aber keine Gelegenheit bekommen. Und es gibt keinen Mangel an Testcentern, die auch mal spontan testen. Unseres lag neben einer Tankstelle und hatte den passenden Namen Testen und Tanken.

Die Geräuschkulisse an unserer Ferienwohnung war abwechslungsreich: auf der einen Seite zu viel Verkehrslärm von der nahe gelegen Straße, auf der anderen Seite Schafgeblöcke, ein Kuckuck, Froschkonzerte und sogar mal aus der Entfernung ein Esel.

Haus mit Reetdach
Blick aus dem Küchenfenster

Ich war sogar noch mal in der Nordsee. Der flache Strand setzt sich unter Wasser fort…. ich war schon einige Meter ins Wasser gegangen und war doch erst bis zu den Knien drin. Erinnerte mich an das Steinhuder Meer. Auf dem Foto unten stehe ich im Wasser, fotografiere Daniela und sie fotografiert mich.

Daniela am Strand

Zu guter Letzt habe ich dann doch noch mal das Skizzenbüchlein rausgeholt…


Eine Woche St. Peter-Ording

Wir sind in Sankt Peter, nahe Ording. Mitten in Nordfriesland. Hier ist die Landschaft endlos, vor dem Deich ein Strand, der kaum ein Ende nimmt, bevor er bei der Nordsee ankommt. Hinter dem Deich die grüne Endlosigkeit der Wiesen und Weiden. Beide Unendlichkeiten überspannt vom blauen Himmel.

An den ersten beiden Tagen war er allerdings noch nicht blau, sondern Nordseegrau. Ein Grau ohne Regen, also gutes Wetter an der Nordsee.

Nachdem die Friesen jahrhundertelang als Fischer und Seeräuber unterwegs waren, haben sie sich heutzutage auf den Tourismus spezialisiert. Dazu wird dann der Vorratsschrank an friesischen Besonderheiten ausgiebig geplündert und touristisch aufbereitet. Das macht durchaus Spaß. Hier mal unsere subjektive und zufällige Auswahl:

  • Fischbrötchen. Bisher vertestet und von mir für gut befunden: Bismarkhering, Krabbe und Backfisch.
  • Leuchttürme. Am eher unauffälligen Böhler Leuchtturm radelten wir auf unserem Weg zum Südende von St. Peter-Ording vorbei, zum sehr prominenten Westerhever Leuchtturm haben wir einen Abstecher mit dem Auto gemacht. Vom Parkplatz aus geht es dort über den Deich noch mal zwei Kilometer zu Fuß weiter. Zusammen mit ganz vielen anderen Menschen. Dazu hatten wir keine Lust und statt dessen das perfekte Klischee fotografiert: vorne Schafe, hinten Leuchtturm.
  • Schafe. Gibt es hier ohne Ende. Sie pflegen ruhig und hingebungsvoll die Deiche.
  • Friedrichstadt. Vor 400 Jahren gegründet und aus dem Nichts aus dem Boden gestampft, sollte das kleine Städtchen eine Zwischenstation des Handelswegs von Spanien über Rußland nach Ostindien werden. Dafür gewährte ein ortsansässiger Friedrich holländischen Remonstranten Religionsfreiheit und machte in Friedrichstadt sogar das Niederländische zur Amtssprache. Die Remonstranten waren in ihrer niederländischen Heimat in Ungnade gefallen, da sie im Gegensatz zu den herrschenden Calvinisten dem Menschen deutlich mehr Willensfreiheit zugestanden und nicht der Meinung waren, dass Gott bei der Geburt schon alles geregelt hat.
  • Strände. An der deutschen Nordseeküste geht es Strände nur auf den Inseln und hier (mal von den kleineren Sandhaufen hier und da abgesehen). Der Strand in St. Peter-Ording ist flach, sehr trittfest und enorm breit. Von den Dünen bis zum Wasser ist es eine kleinere Expedition. Dadurch hat man das Gefühl, dass der Himmel hier am Strand riesiger ist als anderswo ist.
  • Dünen. Darf man aus gutem Grund nicht betreten. Außer nördlich des Hundestrandes in Ording. Perfekt für ruhige Stunden in der Sonne.

Ein ganz besonderes Vergnügen haben wir uns gestern Abend gegönnt: am Strand den Sonnenuntergang aus einem Strandkorb heraus genießen. Freundlicherweise werden die Körbe nach Feierabend nicht verrammelt, sondern stehen einladend in der Gegend herum. Dazu ein kleiner Snack (Käsewürfel und Dattelsenf) und gekühlter Weißwein. Sehr fein.


Gelernt Mai 2021

Vor 10 Jahren begann ich für drei Monate aktiv Ausschau nach Neuem, Überraschenden und gelegentlich Seltsamen zu halten. Die Idee war Offenheit und Neugier nicht einschlafen zu lassen. Das kleine Projekt entschlief, da es als tägliche Übung gedacht war, sich aber nicht jeden Tag etwas Interessantes finden ließ. Das trübte den Spaß, denn es sollte ja Vergnügen sein und keine Übung in Selbstdisziplin.

Der Neustart kommt daher sporadischer daher, dafür pünktlich am Monatsletzten um 23:59. Den Rahmen bilden weiter die Monate, der Inhalt wird von Lust und Laune geprägt, mal mehr, mal weniger. Die Zeit wird zeigen, wie gut das funktioniert..

Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich den Namen der Rubrik geändert, aus Gelernt wird Horizont erweitern. Denn darum geht es ja.

Stentorstimme

Stentor war einer der Griechen, die Troja belagerten. Eines Tages nahm Hera seine Gestalt an und forderte die Griechen mit lauter Stimme zum Kampf auf.

Eine Stentorstimme ist also einfach nur eine laute Stimme.

Ich las die Tage von jemandem mit einer Stentorstimme in einem Blog und erinnerte mich, dass ich dieses Wort schon früher gelesen hatte (nie gehört, immer nur gelesen) und nie wusste, was es eigentlich bedeutet. Jetzt weiß ich es und da ich es aufgeschrieben habe, vergesse ich es wahrscheinlich auch nicht mehr.

Aaronstab

Das ist ein Aaronstab:

Aaronstab

Ich habe ihn tatsächlich schon mehrfach mit Flora Incognita bestimmt, aber da war die Blüte noch nicht geöffnet und ich habe ihn nicht erkannt. Da die Aaronstäbe wie jedes Jahr im Frühjahr recht plötzlich aus dem Boden schießen und überall im Kurpark auftauchten, wurde ich neugierig.

Wichtig: das ist eine Giftpflanze. Also nicht essen und besser auch nicht anfassen.

Rebeln

Bei einem Blick in das Kräuterregal fiel mir der gerebelte Majoran ins Auge. Was Majoran ist, weiß ich, aber rebeln?

Rebeln stammt ursprünglich aus dem Weinbau. Dabei werden die Trauben einer Rebe von den Stielen getrennt, damit später weniger Gerbstoffe im Wein sind. Inzwischen passiert das auch direkt an den Weinstöcken mit Hilfe passender Erntemaschinen (wie die wohl heißen? Rebler?). Das seltsam aussehende Resultat fiel uns vor zwei Jahren bei einer Wanderung in der Gegend um Marseillan auf: Grün beblätterte Weinstöcke, bei denen die Reben nur noch aus Stielen bestehen.

Zu den Gewürzen ist da der Weg nicht weit. Einfach die Blätter vom Stiel trennen, schon ist die Pflanze gerebelt.

Kadrierung

Ich las ein Interview mit Wim Wenders,, in dem er das Wort Kadrierung benutzte. Ich war mir sicher, dass ich dieses Wort noch nie gelesen hatte und forschte nach. Es ist ein Filmbegriff, der die Festlegung des Bildausschnitts bezeichnet. Es ist ein Import des französischen cadrage (Bildeinstellung). Was dann wieder etwas frei assoziiert zu Wim Wenders passt, der ursprünglich Maler werden wollte und so bereits früh über den richtigen Ausschnitt aus der Welt nachdachte, der auf das Bild soll. Und in Paris ließ er den angehenden Maler hinter sich und wurde zum Filmemacher.